Lebensphilosophie in 5 Strophen

 

Wie schwierig kann es aber sein, das Gewahrsam nach innen zu richten. Wie leicht lassen wir uns doch von alten Gewohnheiten und eingefahrenen Verhaltensmustern beherrschen. Obwohl sie uns, wie es in Nyoshul Khenpos Gedicht anklingt, nichts als Leiden bringen, akzeptieren wir sie mit beinahe fatalistischer Resignation, weil wir sosehr daran gewöhnt sind, ihnen nachzugeben. Wir idealisieren die Freiheit, aber unseren Gewohnheiten sind wir sklavisch ergeben.

 

Dennoch kann uns Reflexion langsam zur Einsicht bringen. Wir können lernen zu erkennen, wie wir immer wieder in feste, sich stetig wiederholende Musterverfallen, und wir können beginnen, uns nach einem Ausweg zu sehnen. Natürlich kann es passieren, daß wir wieder und wieder in unsere Gewohnheiten zurückfallen, aber wir können uns auch langsam von ihnen lösen und uns ändern. Das folgende Gedicht geht uns alle an. Sein Titel lautet:

 

Autobiographie in fünf Kapiteln“

 

1. Strophe

Ich gehe eine Straße entlang und da ist ein Loch im Gehsteig, 
ich falle hinein – ich bin verloren – ohne Hoffnung
es ist sicher nicht meine Schuld, die anderen sind schuld
es dauert endlos wieder herauszukommen ! 

2. Strophe 

Ich gehe dieselbe Straße entlang –-- da ist ein tiefes Loch
ich tue so , als sähe ich es nicht.—Ich falle wieder hinein !
Ich kann nicht glauben, schon wieder am selben Ort zu sein.
Es ist ganz gewiß nicht meine Schuld !
Es dauert immer noch sehr lange wieder herauszukommen.

 

3. Strophe 

Ich gehe dieselbe Straße entlang, da ist immer noch ein tiefes Loch,
ich sehe es und falle wieder hinein --- aus alter Gewohnheit
Meine Augen sind weit offen und ich weiß wo ich bin.
Ich weiß, es ist nur meine eigene Schuld
Ich komme sofort wieder heraus ! 

 

4. Strophe 

Ich gehe dieselbe Straße entlang, da ist immer noch ein Loch,

ich gehe einfach darum herum !

 

5. Strophe 

Ich gehe eine andere Straße !!!